Freilebende Papageien in Europa: Problem oder bunte Bereicherung?

AFP
DEN HAAG
Veröffentlicht 27.03.2018 00:00
Aktualisiert 27.03.2018 12:40
DPA

Für die einen sind die leuchtend grünen Vögel mit den knallroten Schnäbeln ungewollte Eindringlinge, für die anderen willkommene Exoten aus wärmeren Gefilden: In den Niederlanden ist ein Streit über Halsbandsittiche entbrannt, einer aus Pakistan in den 1960er Jahren importierten Papageienart. Ursprünglich für wohlhabende Niederländer und Briten nach Europa gebracht, entflohen viele der Vögel mit dem markanten dunklen Band am Hals ihren Volieren - inzwischen leben schätzungsweise 15.000 der Sittiche allein in den Niederlanden.

In den niederländischen Städten sammeln sich die Halsbandsittiche in Gärten und rund um Schulen, schlafen sogar in den Bäumen vor dem Parlament in Den Haag. Einige Kritiker setzen sich aktiv dafür ein, die Vögel zum Abschuss freizugeben oder ihre Population mit anderen Mitteln einzudämmen.

In Amsterdam, wo eine der größten Kolonien der Sittiche lebt, hat das Rathaus für das Füttern der Vögel in einigen Gebieten eine Geldbuße von 70 Euro verhängt. Anhänger der Vögel meinen, die Tiere seien Opfer einer reflexartigen Angst vor allem Neuen.

Im Wissenschaftsmagazin "Biological Invasions" wurde dr Halsbandsittich im Dezember unter den hundert invasivsten Arten in Europa gelistet. Die Europäische Union nahm die Vögel jedoch bisher nicht auf ihre Liste invasiver Arten, deren Bestand in allen Mitgliedsländern kontrolliert werden muss.

Auch im Rheinland in Deutschland leben schon seit Jahrzehnten tausende Halsbandsittiche. Insbesondere in einigen Vierteln von Köln werden die Vögel als Ärgernis empfunden und bekämpft. In den europäischen Metropolen London und Paris sind sie ebenfalls heimisch.

Die Gegner der Halsbandsittiche in den Niederlanden argumentieren, dass die exotischen Schwärme das natürliche Ökosystem stören, die Nester von Kleiber, Eulen oder Fledermäusen plündern, Obstbäume verwüsten, haufenweise Kot hinterlassen - und nicht zuletzt mit ihrem unaufhörlichen Gezwitscher den Sonntagmorgen stören.

"Manche Bewohner erwägen sogar einen Umzug wegen des höllischen Lärms, den sie machen", sagt der Jurist Wilfred Reinhold von einer Vereinigung zur Bekämpfung invasiver Arten in den Niederlanden. "Natürlich sind sie hübsch, doch sie richten auch eine Menge Schaden an." Reinhold erzählt gerne, dass das Parlament einmal eine Debatte abbrechen musste, weil die Tiere in den Bäumen vor dem Gebäude zu laut krakeelten.

Vor kurzem verbreiteten Medien das Foto einer mit Vogelkot überzogenen Straße im Botschaftsviertel nahe des Königlichen Palastes. Reinhold fordert, die Vermehrung der Sittiche zu stoppen: "Man könnte nachts Netze auf die Bäume werfen und Hunderte einfangen", schlägt er vor.

Mit reichlich Futter, wenig natürlichen Feinden und viel Wasser ist das Leben für die Sittiche einfach in den Niederlanden, so dass die Schwärme unkontrolliert wachsen. In der Stadt Leiden kümmert sich der Papageienspezialist Roelant Jonker um die älteste Sittichkolonie des Landes und bringt sie mit Futter durch den Winter. "Dass Sittiche anderen Arten schaden, ist einfach falsch", sagt der Biologe.

"Obwohl sie stärker sind als kleine europäische Vögel, hat ihre Anwesenheit keine ökologischen Auswirkungen auf das Wachstum der einheimischen Vogelpopulationen." Man müsse die Halsbandsittiche einfach akzeptieren: "Sie sind hier, und sie werden hier bleiben."

Jonker verweist auf Birken, die einst von den Römern in die Niederlande gebracht wurden: "Heute sind sie fester Bestandteil der niederländischen Landschaft." Bei den Halsbandsittichen werde es in der nächsten Generation genauso sein, sagt der Experte voraus. "Sie werden so normal sein wie alle Farben der Menschen und Vögel in Europa. Veränderung ist die einzige Konstante der Natur."

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