Mehr Schutz für deutsche Flüchtlingsheime nötig

EPA

Deutsche Flüchtlingsheime sind nach Einschätzung von Amnesty International unzureichend gegen zunehmende fremdenfeindliche Attacken geschützt. Immer wieder komme es sogar vor, dass einschlägig vorbestrafte Rechtsextremisten für die mit der Bewachung der Einrichtungen beauftragten privaten Sicherheitsunternehmen tätig seien, kritisierte die Menschenrechtsorganisation. Amnesty zufolge gibt Deutschland derzeit ein "widersprüchliches" Bild zwischen Willkommenskultur und rassistischen Ressentiments ab.

"Amnesty fordert die Innenministerkonferenz dazu auf, ein bundesweites Konzept zum Schutz von Flüchtlingsunterkünften vor rassistischen Angriffen zu vereinbaren", erklärte die Generalsekretärin von Amnesty in Deutschland, Selmin Caliskan, anlässlich der Vorlage eines Berichts zu rassistischer Gewalt in Deutschland am Donnerstag in Berlin. Die Menschenrechtsorganisation forderte darüber hinaus eine verpflichtende polizeiliche Überprüfung der Mitarbeiter von Sicherheitsdiensten sowie regelmäßige Treffen aller für die Sicherheit der Einrichtungen relevanten Institutionen auf kommunaler Ebene.

Vorbestrafte Rechtsextremisten arbeiten immer wieder in Flüchtlingsheimen

Amnesty verwies auf Zahlen des Bundeskriminalamts, wonach im vergangenen Jahr mehr als 1200 politisch motivierte Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte registriert wurden. Das war eine Steigerung um 1500 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 177 Übergriffe waren laut Polizeistatistik Brandstiftungen, Sprengstoffanschläge oder Körperverletzungen. In etwa tausend Fällen ging es um Sachbeschädigungen, Volksverhetzung und Propagandadelikte.

"Wir brauchen ein System, das gewährleistet, dass Straftaten mit rassistischem Hintergrund in jedem Einzelfall von den ermittelnden Behörden als solche erkannt und entsprechend behandelt werden", sagt Grünen-Sprecherin für Innenpolitik.

Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte um 1500 Prozent gestiegen

Rassistische Angriffe seien häufig wie nie, beklagte Amnesty International und verwies auf Beobachtungen der Amadeu-Antonio-Stiftung, wonach es im vergangenen Jahr pro Woche durchschnittlich sechs Demonstrationen gegen Flüchtlinge gab. "Das Bild, das Deutschland aktuell abgibt, könnte widersprüchlicher nicht sein", erklärte Caliskan. Auf der einen Seite gebe es "großartige, mitfühlende Willkommenskultur", auf der anderen Seite würden "rassistische Ressentiments mit erschreckender Hemmungslosigkeit ausgelebt".

Amnesty forderte in dem Bericht mit dem Titel "Leben in Unsicherheit: Wie Deutschland die Opfer rassistischer Gewalt im Stich lässt" zudem eine unabhängige Untersuchung zu möglichem institutionellem Rassismus bei der Polizei und anderen Strafverfolgungsbehörden. Sie solle klären, ob solche Mechanismen die Aufklärung rassistischer Verbrechen behinderten. Es gebe "deutliche Hinweise" darauf, dass die deutschen Behörden ein Problem damit hätten, Menschen unabhängig von Hautfarbe oder Herkunft gleich angemessen zu behandeln, kritisierte Caliskan.

Rassistische Ressentiments werden mit erschreckender Hemmungslosigkeit ausgelebt

"Vereinzelte Verurteilungen können über das generelle Versagen der Behörden nicht hinwegtäuschen", erklärte der Bundesgeschäftsführer der Linken, Matthias Höhn. "Vorurteile und Unkenntnis" in den Behörden verhinderten oft das Erkennen rassistischer Tathintergründe. "Aus dem allgemeinen Entsetzen über das kollektive Behördenversagen im Zusammenhang mit dem NSU wurden offensichtlich keine Schlüsse gezogen", kritisierte Höhn.

Die Rechtsextremisten des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) hatten vor ihrer Enttarnung 2011 über Jahre hinweg zehn Menschen ermordet und zwei Bombenanschläge verübt, ohne dass die Behörden ihnen auf die Spur kamen. Die Polizei ermittelte vor allem im Umfeld der meist türkischstämmigen Opfer, etwa wegen möglicher krimineller Verbindungen.

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