Deutschland liefert Waffen für 184 Millionen Euro an die Türkei

DAILY SABAH MIT DPA
ISTANBUL
Veröffentlicht 16.07.2019 11:15
Aktualisiert 17.07.2019 12:05
AP

Die Türkei hat in den ersten vier Monaten dieses Jahres Kriegswaffen für 184,1 Millionen Euro aus Deutschland erhalten.

In der Rangliste der wichtigsten Empfängerländer steht der Nato-Partner damit wie schon im Vorjahr mit großem Abstand an erster Stelle. Das geht aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der stellvertretenden Vorsitzenden der Linksfraktion, Sevim Dağdelen, hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Bei den Waffen für die Türkei handelt es sich den Angaben zufolge ausschließlich um «Ware für den maritimen Bereich». Es ist wahrscheinlich, dass es um Material für sechs U-Boote der Klasse 214 geht, die in der Türkei unter maßgeblicher Beteiligung des deutschen Konzerns ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) gebaut werden. Die Bundesregierung hatte die Lieferung von Bauteilen bereits 2009 genehmigt und den Export mit einer sogenannten Hermes-Bürgschaft in Höhe von 2,49 Milliarden Euro abgesichert.

Seit dem gescheiterten Militärputsch von 2016, der sich am Montag zum dritten Mal jährte, wurden solche Bürgschaften für Kriegswaffenexporte in die Türkei nicht mehr erteilt. Bereits genehmigte Rüstungsexporte an den Nato-Partner gehen aber ganz normal über die Bühne. Die Lieferungen an die Türkei machten schon im vergangenen Jahr mit 242,8 Millionen Euro fast ein Drittel aller deutschen Kriegswaffenexporte (770,8 Millionen Euro) aus. In den ersten vier Monaten dieses Jahres waren es sogar 60 Prozent des Gesamtvolumens von 305,8 Millionen Euro.

Auch bei den neuen Exportgenehmigungen der Bundesregierung für die Türkei hat sich im ersten Halbjahr nach zwei Jahren Rückgang eine Trendwende abgezeichnet. Bis zum 5. Juni gab die Bundesregierung grünes Licht für Rüstungslieferungen im Wert von 23,3 Millionen Euro. Das ist bereits fast doppelt so viel wie im ganzen Jahr 2018 mit 12,9 Millionen Euro. Die Zahl der Einzelgenehmigungen lag bis Anfang Juni bei 139 im Vergleich zu 58 im gesamten Vorjahr. Das geht aus einer weiteren Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Omid Nouripour hervor.

Die Linken-Politikerin Dağdelen kritisiert die anhaltenden Rüstungslieferungen vor allem vor dem Hintergrund der türkischen Erdgaserkundungen vor der Küste Zyperns, die von der EU als illegal angesehen werden. «Dass die Bundesregierung jetzt trotz der türkischen Aggressionspolitik im östlichen Mittelmeer gegenüber dem europäischen Mitgliedsstaat Zypern diese Kriegswaffen für Erdoğans Marine auch noch ausliefern lässt, ist im hohen Maße unverantwortlich», sagte sie. Die Bundesregierung trage eine Mitschuld, sollten deutsche Waffen im Konfliktfall gegen Zypern eingesetzt werden, sagte die Linken-Politikerin. «Die Rüstungsexporte in das autoritäre Regime Türkei müssen gestoppt werden, sowohl Genehmigungen als auch die tatsächliche Ausfuhr.»

Die Außenminister der EU-Staaten hatten am Montag wegen der Erdgaserkundungen Strafmaßnahmen gegen die Türkei beschlossen. Konkret sollen unter anderem EU-Gelder für die Türkei gekürzt und die Verhandlungen über ein Luftverkehrsabkommen eingestellt werden. «Die Provokationen der Türkei sind für uns alle inakzeptabel und wir stehen hier auf der Seite Zyperns», sagte der deutsche Europastaatsminister Michael Roth (SPD) in Brüssel. Sollte die Türkei nicht einlenken, seien auch andere Arten von Sanktionen denkbar. Sie könnten nach dem Ministerbeschluss gezielt an den Bohrungen beteiligte Unternehmen oder Einzelpersonen treffen.

Die Türkei betont stets, ihre Bohraktivitäten ausschließlich in ihrer eigenen Wirtschaftszone (AWZ) auszuführen, die von den Vereinten Nationen im Jahr 2004 registriert wurde. Sie wirft ihrerseits der griechisch-zyprischen Regierung vor, unrechtmäßig in Teilen des türkischen Schelfs zu bohren, insbesondere in den Blöcken 1, 4, 5, 6 und 7.

Zypern ist seit einem von der damaligen Militärjunta in Griechenland unterstützten Putsch und einer anschließenden türkischen Militärintervention im Jahr 1974 geteilt. Mehrere Versuche einer Aussöhnung gingen ins Leere, 2004 scheiterte ein von der UNO vorgelegter Plan für eine Wiedervereinigung. Im Mai 2015 wurden die Verhandlungen unter UN-Vermittlung wieder aufgenommen.

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