Google Transparenzbericht: Deutschland belegt bei Internetzensur Spitzenplätze

DAILY SABAH
ISTANBUL
Veröffentlicht 28.08.2017 00:00
Aktualisiert 28.08.2017 14:14
DPA

Die Themen Datensicherheit und Meinungsfreiheit im Netz sind in Deutschland immer wieder in der aktuellen Tagespolitik zu finden. Einerseits fördert die Bundesregierung Maßnahmen, um bei speziellen Fällen Zugriff auf privaten Informationen zu bekommen, andererseits hält sie die Rechte des Individuums jedes Mal hoch und beklagt vermeintliche Missstände selbiger in anderen Ländern – von systematischer Bespitzelung ist dann oft die Rede. Ähnlich sieht es bei der Meinungsfreiheit aus. Die Bundesregierung beansprucht hier meistens die Führungsposition, im Selbstbild entspricht sie dem Ideal, an dem sich andere messen müssen. Der aktuellste Transparenzbericht von Google liefert hierzu interessante Erkenntnisse.

Angesichts der politischen Gesetzesvorstöße, wie zuletzt beim Gesetzentwurf von Justizminister Maas für „Hate Speech", wankt dieses Selbstbild jedoch immer mehr. Für den Entwurf hagelte es von allen Seiten Kritik, denn es würde auch die Tür für erweiterte Zensur eröffnen. Juristen kritisieren, dass man die Bezeichnung „offensichtlich rechtswidrige Inhalte" nicht genau definieren kann, es würde also den Weg für willkürliches Vorgehen ebnen.

Wenn man sich nun jedoch den Google Transparenzbericht vor Augen führt, erkennt man, dass bei den von Deutschland ausgegangenen Löschanfragen die „Nationale Sicherheit" anscheinend eine viel größere Rolle gespielt hat, als beim „Hate Speech". Dies bestätigt auch indirekt die Kritik an dem Gesetzentwurf von Maas, der in vielen Teilen als unzureichend gesehen wird. „Hate Speech", so wirkt es, ist wohl eher ein gut gewählter Titel für etwas schlechtes, um es besser vermarkten zu können.

In dem Google Transparenzbericht von 2016 geht hervor, dass die meisten Löschanfragen aufgrund von Bedenken bezüglich der „Nationalen Sicherheit" gefordert wurden – insgesamt 2290 Mal. Aufgrund von „Hate Speech" beschwerte man sich lediglich 85 Mal. Welche Inhalte genau betroffen waren, geht hier nicht hervor. Bei YouTube gab es die meisten Löschanfragen.

Ähnlich drastisch wirken auch die Anfragen zu Nutzerdaten. Hier belegt Deutschland in der Statistik die Spitzenplätze. 2016 gab es 18.713 Anfragen, 2005 waren es noch 438. Damit liegt Deutschland in der Statistik auf Platz 2 hinter den USA. Wenn man jedoch die Anfragen der Bevölkerungszahl angleicht, indem man den Wert pro 100 tausend Einwohner berechnet, so liegt Deutschland klar auf Platz 1. Das sind insgesamt 22,99 Anfragen pro 100.000 Einwohnern. Die Türkei hingegen ist weit hinten, bei 1,04 Anfragen pro 100.000 Einwohnern. Andere Staaten wie Russland, die auch gerne von der Bundesregierung kritisiert werden, liegen ebenfalls weit hinten.

Bisher wurde der Transparenzbericht von Google in den etablierten deutschen Medien nicht thematisiert, obwohl die Aufklärungsarbeit ein wichtiger Pfeiler des Journalismus sein sollte.

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