Wehrbeauftragter zeichnet miserables Bild von der Bundeswehr

DPA
BERLİN
Veröffentlicht 20.02.2018 00:00
Aktualisiert 20.02.2018 14:02
AFP

Trotz erheblicher Reformanstrengungen hat sich der Zustand der Bundeswehr nach Worten des Wehrbeauftragten Hans-Peter Bartels nicht verbessert.

Die Lücken bei Personal und Material seien teils noch größer geworden, heißt es im aktuellen Jahresbericht, den Bartels (SPD) am Dienstag den Abgeordneten des Bundestags übergab. Die Einsatzbereitschaft der Waffensysteme sei «dramatisch niedrig». Die enorme personelle Unterbesetzung habe sich verstärkt. Viele Soldaten seien überlastet und frustriert. Die eingeleiteten Trendwenden müssten «deutlich mehr Fahrt aufnehmen».

Am Montag war bekannt geworden, dass der Truppe für Nato-Verpflichtungen im Jahr 2019 nicht nur Panzer, sondern auch Schutzwesten, Winterbekleidung und Zelte fehlen. Aus Sicht des Verteidigungsministeriums ist die Einsatzbereitschaft der Truppe nicht gefährdet.

Bartels hält die Mängellisten für symptomatisch für den Zustand der Truppe. «Diese Art von Mangelverwaltung ist mittlerweile normal», sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. «Das ist ein Zeichen für die allgemeine Materialschwäche.» Fehle die Ausrüstung in einem Verband, werde sie woanders weggenommen. «Wir haben bekanntermaßen vom Panzer bis zum Zelt von allem zu wenig.»

Mehr als ein Vierteljahrhundert bestimmten Sparzwänge die deutsche Verteidigungspolitik. Von der Leyen versprach 2016 ein Ende der Schrumpfkur. Vergangenes Jahr hatte Bartels deutlich mehr Tempo bei der Bundeswehrreform gefordert. «Es geht alles viel zu langsam», hatte er kritisiert. Der Soldat spüre von den Reformen nichts. Er warf der Regierung «Schneckentempo» bei den Reformen vor.

Gleichzeitig ist die Bundeswehr wachsenden Belastungen in aller Welt ausgesetzt, etwa durch die Friedenssicherung in Mali oder die Mission in Afghanistan. Union und SPD haben im Koalitionsvertrag vereinbart, die Bundeswehrtruppen in Afghanistan und Mali aufzustocken. Zudem will Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) künftig den ganzen Irak mit einer Ausbildung- und Beratungsmission unterstützen. Neben den Einsätzen im fernen Ausland rückt für die Bundeswehr angesichts der bedrohlich wahrgenommenen russischen Außenpolitik auch die Landes- und Bündnisverteidigung wieder stärker in den Fokus.

Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Wolfgang Hellmich (SPD), kritisierte von der Leyen in scharfer Form. «Das Vertrauen in die Bundesverteidigungsministerin ist schon erschüttert. Die Nachrichten über die Ausrüstungsmängel verstärken diese Erschütterung. Frau von der Leyen muss jetzt der Truppe sagen, wie sie die Mängel abstellt. Die Geduld geht zu Ende», sagte Hellmich der «Passauer Neuen Presse» (Dienstag).

Nach einem Bericht des MDR-Magazins «Fakt» nimmt die Zahl der Soldaten zu, die nach Einsätzen psychisch erkranken. Demnach stieg die Gesamtzahl von Bundeswehrangehörigen, bei denen eine psychische Einsatzerkrankung diagnostiziert wurde, im vergangenen Jahr auf 784 (2016: 751), wie eine Anfrage des Magazins beim Wehrbeauftragten ergab. Darunter seien 605 Soldatinnen und Soldaten (2016: 557), die unter einer sogenannten Posttraumatischen Belastungsstörung, kurz PTBS leiden.

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