Bundesaußenminister Sigmar Gabriel hat die Konfliktparteien in Libyen zu Kompromissbereitschaft und Dialog aufgerufen, um das Land zu befrieden. Die tief zerstrittenen Kräfte müssten ernsthafte Gespräche darüber beginnen, wie das von den Vereinten Nationen vermittelte Abkommen von 2015 umgesetzt werden könne, forderte Gabriel am Donnerstagmorgen nach der Ankunft zu einem Besuch in der libyschen Hauptstadt Tripolis. "Nur dann besteht eine Chance auf eine Beruhigung der Kampfhandlungen und, mittelfristig, auf Ordnung und Staatlichkeit." Die Vereinbarung von 2015 zielt auf eine Überwindung der tiefen Gräben zwischen den Konfliktparteien im Land und den Aufbau einer einheitlichen, von allen Seiten anerkannten Staatsgewalt.
Gabriel sagte, er blicke dabei auf die Einheitsregierung von Ministerpräsident Fajes al-Sarradsch. "Konkrete Fortschritte sind dringend notwendig - ob beim Aufbau professioneller zentralstaatlicher Sicherheitskräfte oder im Wirtschaftsbereich", erklärte der Minister. Zugleich forderte er auch die Kräfte im Osten Libyens - also die Gegenregierung in Baida und den mit ihr verbündeten, einflussreichen Rebellenkommandeur Chalifa Haftar - auf, sich dem Dialog nicht zu verweigern.
Libyen versinkt seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar Gaddafi im Jahr 2011 im Chaos. Weil eine zentrale staatliche Gewalt fehlt, wurde das Land zu einer Drehscheibe der Flüchtlingskrise: Die meisten Migranten und Flüchtlinge treten von hier aus die gefährliche Überfahrt über das Mittelmeer nach Europa an.