Grüne: Baerbock und Habeck zur neuen Doppelspitze gewählt

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HANNOVER
Veröffentlicht 27.01.2018 00:00
Aktualisiert 27.01.2018 19:57
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Die Grünen rücken mit der Wahl von Robert Habeck und Annalena Baerbock an die Parteispitze weiter in die politische Mitte. Die Partei wird nun zum ersten Mal seit der Jahrtausendwende wieder von zwei Realpolitikern geführt.

Die Brandenburger Bundestagsabgeordnete Baerbock setzte sich am Samstag auf dem Parteitag in Hannover in einer Kampfabstimmung gegen die Parteilinke Anja Piel durch. Die 37-Jährige kam auf 64,5 Prozent der Stimmen. Der schleswig-holsteinische Umweltminister Habeck (48), der ohne Gegenkandidat angetreten war, erzielte 81,3 Prozent - und damit ein besseres Ergebnis als sein Vorgänger Cem Özdemir bei den letzten beiden Wahlen (71,4 und 76,9 Prozent).

Die Grünen werden seit ihren Gründungsjahren von den beiden Flügeln der Realos und der Parteilinken geprägt. Das spiegelte sich bisher auch fast immer in der Besetzung der beiden Spitzenposten auf Bundesebene wider. Zuletzt hatten im Jahr 2000 kurzzeitig die beiden Realos Fritz Kuhn und Renate Künast die Partei geführt.

Mit der Wahl von Habeck und Baerbock rückten die Grünen auf dem Parteitag in Hannover zum zweiten Mal von einem Grundprinzip ab. Am Freitag hatten sie Habeck zuliebe bereits die Trennung von Partei- und Regierungsamt aufgeweicht. Der Parteitag änderte die Satzung, um dem Kieler Umweltminister eine acht Monate lange Übergangszeit zu ermöglichen, in der er sein Regierungsamt behalten darf. Habeck hatte das zur Bedingung für seine Kandidatur gemacht, um die Regierungsgeschäfte übergeben zu können.

Habeck nahm die Wahl mit den Worten an: «Was ich geworden bin, bin ich durch Euch geworden, lasst mich ein bisschen davon an Euch zurückgeben.» Er sehe in der Partei eine neue Geschlossenheit. An den Debatten beim Parteitag merke man, «dass die Partei gerade zusammenrückt, dass da was Neues passiert». Das wolle er weiter voranbringen. Habeck ist seit 2012 Umwelt- und Agrarminister im Norden. Er gilt schon lange als großes politisches Talent und wirbt dafür, dass die Grünen für ihre Positionen gesellschaftliche Mehrheiten finden.

Die Wahl-Brandenburgerin Baerbock gilt als Klima- und Europaexpertin. Sie war unter anderem vom scheidenden Parteichef Özdemir und von Bundestagsfraktionschefin Katrin Göring-Eckardt unterstützt worden. «Ich werde mein Bestes geben», sagte sie nach ihrer Wahl.

In ihrer kämpferischen Bewerbungsrede hatte sie die Europapolitik, die Armutsbekämpfung und den Klimaschutz zu ihren vorrangigen politischen Aufgaben gezählt. Für den Klimaschutz forderte sie «Radikalität» und warnte davor, den Kohleausstieg weiter zu verzögern. Baerbock betonte, dass die neue Doppelspitze der Grünen auf Augenhöhe arbeiten werde.

Mit Blick auf Habecks Popularität sagte sie: «Wir wählen hier heute nicht nur die Frau an Roberts Seite, sondern die neue Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen.» Habeck sagte dazu noch kurz vor seiner Wahl: «Was für ein Auftritt. Vielleicht habe ich ja Glück und darf der Mann an Deiner Seite sein.»

Baerbock war wie Habeck an den schwarz-gelb-grünen Jamaika-Sondierungen beteiligt, dort hatte sie sich für die Grünen um das Thema Europa gekümmert. Die Mutter von zwei kleinen Kindern war unter anderem mit dem Ziel angetreten, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern.

Bei der Wahl des Bundesvorstands wurde der Politische Bundesgeschäftsführer, Michael Kellner, mit 74,2 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt. Zum Vorstand gehören außerdem weiterhin Schatzmeister Benedikt Mayer und die frauenpolitische Sprecherin Gesine Agena. Stellvertretende Vorsitzende wurde zudem Jamila Schäfer, die ehemalige Sprecherin der Grünen Jugend. Damit halten sich im Vorstand Realos und Linke weiter die Waage.

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