Ex-Außenminister Gabriel: Wir müssen die Türkei im Westen halten

DAILY SABAH MIT AFP
ISTANBUL
Veröffentlicht 20.08.2018 00:00
Aktualisiert 20.08.2018 14:03
DPA

Der frühere Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) hat einen eindringlichen Appell an Deutschland und Europa gerichtet, die Türkei nicht zu isolieren. "Wir müssen im eigenen Interesse alles tun, um die Türkei im Westen zu halten", sagte Gabriel dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Montagsausgaben).

Die Menschen in der Türkei bräuchten jetzt dringend ein klares Signal: "Deutschland und Europa werden nicht mitmachen bei der von Donald Trump betriebenen wirtschaftlichen Destabilisierung ihres Landes", sagte Gabriel mit Blick auf die Strafzölle des US-Präsidenten. Während die USA "weit weg" seien, bezahle aber "Europa den Preis, wenn die Türkei ins Wanken gerät", warnte Gabriel. Als Folge drohten auch Europa "wirtschaftliche Turbulenzen und ein Anstieg des Zuwanderungs- und Flüchtlingsdrucks aus der Türkei".

Zudem nehme die Gefahr einer Abspaltung der Türkei von der Nato zu. Ein Zeichen "für das Abdriften Ankaras in eine ungewisse Richtung" seien bereits die milliardenschweren neuen Investitionszusagen aus Katar. Auch der Kauf russischer Raketenabwehrsysteme durch die Türkei sei "ein Alarmzeichen". Gabriel warnte, "nationalistische Kräfte" in der Türkei könnten "wie im Iran und Nordkorea nach der Atombombe greifen, um sich unangreifbar zu machen".

Zum Widerspruch zwischen Geopolitik und Menschenrechtspolitik sagte Gabriel, dies sei "nicht so einfach aufzulösen". Aber auch eine Abwendung von der Türkei führe "nicht zu einer stärkeren Demokratisierung". Auch der bevorstehende Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in Berlin habe "nichts mit der Frage zu tun, ob wir seine Regierungspolitik kritisch sehen oder nicht".

Die Beziehungen zwischen der Türkei und den USA haben sich in den letzten Wochen aufgrund des Konflikts um den US-Pastor Andrew Brunson drastisch verschlechtert. Dies hat auch zu den Währungsturbulenzen in der Türkei geführt.

Der US-Pastor war im Dezember 2016 im westtürkischen Izmir wegen Terror- und Spionagevorwürfen inhaftiert worden. Ein Gericht wandelte seine Untersuchungshaft aufgrund gesundheitlicher Probleme in Hausarrest um. Er wurde aus dem Gefängnis entlassen, darf aber sein Wohnhaus nicht verlassen.

Brunson werden Verbindungen zur verbotenen Terrororganisation PKK und zur Gülen-Sekte (FETÖ) vorgeworfen, die für den Putschversuch im Juli 2016 verantwortlich ist.

Nachdem die Türkei den Forderungen Washingtons zur Freilassung des Pastors nicht nachgegangen war, verhängte die US-Regierung Sanktionen gegen die Innen- und Justizminister der Türkei. Die Türkei antwortete mit gleichen Sanktionen gegen US-Minister. Darauf folgte eine Verdopplung der US-Zölle für Aluminium- und Stahlimporte aus der Türkei. Ankara erwiderte die US-Sanktionen mit Strafzöllen auf zahlreiche US-Produkte.

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