Türkei will geopolitisches Vakuum im Nahen Osten füllen

Veröffentlicht 01.04.2018 00:00
Aktualisiert 01.04.2018 14:46

Da Trump eine homogenere und restriktivere Verwaltung in der Diplomatie, der nationalen Sicherheit und Wirtschaft will, sollte Washington einen Weg finden, um mit Ankara zusammenzuarbeiten.

US-Präsident Donald Trump hat letzte Woche seinen nationalen Sicherheitsberater, H. R. McMaster, entlassen und ihn durch John Bolton ersetzt. Bolton, ehemaliger US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, ist bekannt für seinen harten außenpolitischen Kurs. Er hatte in Vergangenheit in der Regierungsperiode von Präsident George W. Bush auf sich aufmerksam gemacht und ist der Meinung, dass die USA im Ausland mehr Stärke zeigen muß. Gegenüber Nordkorea, Iran und Russland hat er eine klare Haltung und noch wichtiger: er ist ein Freund Israels.

Boltons Ernennung ist ein Schritt auf dem Weg zu einer homogeneren und härteren Trump-Regierung in Bezug auf Diplomatie, Nationale Sicherheit und Wirtschaft. Trump hat im vergangenen Jahr seine radikalsten Berater, darunter Sebastian Gorka und Steve Bannon, verloren. Dafür wurden aber nun gemäßigtere Politiker wie Außenminister Rex Tillerson und McMaster entlassen. So war er nun doch in der Lage, ein durch und durch kohärentes Team etablierter Hardliner zu bilden.

Der erste wichtige Schritt der Trump-Regierung war der Startschuss für einen Handelskrieg mit China - und der zweite Schritt, der in der Konsolidierung des Blocks zwischen Israel, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) besteht, ist immer noch im Gange. Dadurch will man den Einfluss des Iran im Nahen Osten eindämmen. Es scheint so, als ob Washingtons Nahostpolitik durch die nationalen Interessen Israels in Zukunft klarer zum Ausdruck kommen wird. So wird ein neues geopolitisches Vakuum in der Region entstehen. Die Türkei muss die notwendigen Vorbereitungen treffen, um sich vor den negativen Auswirkungen dieser Blockbildung schützen zu können - und um zugleich die Chancen zu nutzen, die sich daraus ergeben könnten.

Seit den Anschlägen vom 11. September haben die Änderungen in Washingtons Nahostpolitik geopolitische Lücken geschaffen, welche wiederum den Wettbewerb zwischen konkurrierenden regionalen Mächten angeheizt haben. Die US-Invasion in Afghanistan und dem Irak unter der Bush-Legislatur erschufen ein Machtvakuum, das weitgehend vom Iran ausgefüllt wurde. Hier nutzte der Iran die Fehler der Obama-Regierung vor dem Hintergrund des Arabischen Frühlings und schuf ein pro-schiitisches Einflussgebiet im Nahen Osten. Die Golfländer, die auf die Eliminierung der Muslimbruderschaft fixiert waren, beobachtetenAbseits des Geschehens, dass der iranische Einfluss in einer Reihe von Ländern wie Palästina und Jemen zunahm.

Zur gleichen Zeit gewann Russland, das 2015 direkt in den syrischen Bürgerkrieg eingriff, mehr Einfluss im Nahen Osten. Obwohl die Obama-Administration davon ausging, dass Russland im syrischen Sumpf stecken bleiben würde, führte die russische Präsenz in der Konfliktzone zu einer Stärkung der Zusammenarbeit Moskaus mit Ankara und Teheran. Die Vereinigten Staaten wiederum kehrten Ankara mehr oder weniger den Rücken, indem sie eine Partnerschaft mit der Terrororganisation YPG eingingen, die als syrischer Flügel der PKK angesehen wird.

Nachdem die Initiativen der Türkei, zu einer Zusammenarbeit mit der USA, allmählich scheiterten, hatte die YPG ihr Herrschaftsgebiet im Norden Syriens stillschweigend ausgebaut – es entstand etwas in der Art eines Kleinstaates.

Klar ist, dass die regionale Lücke, die die Obama-Regierung geschaffen hat, nicht wirklich im Interesse der Türkei war. Deshalb sah sich die Türkei gezwungen, im Jahr 2016 eine neue Sicherheitsstrategie zu fahren. Die Operation „Schutzschild Euphrat" und die „Operation Olivenzweig" gegen Daesh und die YPG in Nordsyrien sind genau dieser neuen Strategie entsprungen. Gleichzeitig hat sich das Land auf die Seite Katars gestellt, um sich von der zunehmenden Polarisierung zwischen dem Iran und den Golfstaaten zu distanzieren.

Die aktive Regionalpolitik der Türkei hat zwei Dimensionen. Zunächst versucht Ankara, die eigenen Verluste aufgrund Washingtons verfehlter Politik zu mildern. Zweitens will es die geopolitische Leere füllen, die die USA im Nahen Osten geschaffen haben. Bis jetzt war Ankara erfolgreich, da sie es schaffte, sowohl enger mit Russland zusammenzuarbeiten als auch die Spannungen mit den Vereinigten Staaten unter Kontrolle zu halten. Die Entscheidung, in Syrien mit eiserner Hand vorzugehen war von Bedeutung, um die Meinungsverschiedenheiten zwischen den verschiedenen Akteuren auszunutzen und letztlich die Position der Türkei zu stärken. Da Ankara sich weigert, Teil der regionalen Polarisierung zu werden, könnte Ankara der Hauptnutznießer der gegenwärtigen geopolitischen Leere sein - vorausgesetzt die Türkei schafft es, mit den verschiedenen Parteien zu kooperieren.

Auf die eine oder andere Art ist Washington gezwungen mit Ankara zusammenarbeiten - und selbst wenn die Türkei und die USA keine Einigung über die YPG erzielen, wird Ankara auch in Zukunft viele Handlungsmöglichkeiten besitzen.

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