Syrien-Gespräche in Genf: Arbeit an Verfassung kann losgehen

DAILY SABAH MIT DPA
ISTANBUL
Veröffentlicht 19.12.2018 00:00
Aktualisiert 19.12.2018 12:09
Reuters

In Syrien kommt nach fast acht Jahren Bürgerkrieg Bewegung in den politischen Prozess. Anfang kommenden Jahres soll in Genf erstmals der Verfassungsausschuss tagen, teilten die Außenminister Russlands, des Iran und der Türkei nach Beratungen mit UN-Vermittler Staffan de Mistura mit.

Die Arbeit des neuen Ausschusses solle „durch Kompromisse und konstruktives Engagement gesteuert werden" hieß es in der Erklärung. Die Minister bekräftigten darin ihr „starkes Engagement für die Souveränität, Unabhängigkeit, Einheit und territoriale Integrität" Syriens und forderten alle Parteien auf, diese Prinzipien zu respektieren.

Der Ausschuss war im Januar bei einem Treffen im russischen Badeort Sotschi vereinbart worden. Er soll den Weg zu einer politischen Lösung des Konfliktes ebenen. Besetzt werden soll das Gremium mit je 50 Vertretern von Regierung und Opposition sowie weiteren 50 unabhängigen Mitgliedern, die von den Vereinten Nationen bestimmt werden. Vor allem um die letzte Gruppe hatte es heftigen Streit gegeben.

De Mistura zeigte sich im Vorfeld optimistisch, dass die Bemühungen Früchte tragen: „In einer Verfassung geht es zum Beispiel um die Macht des Präsidenten, es könnte und sollte auch darum gehen, wie Wahlen abgehalten werden, und um Machtverteilung", sagte er.

Das Gremium hat die Unterstützung aller wichtigen Mächte. Bei einem Vierer-Gipfeltreffen Ende Oktober in Istanbul hatten die Staats- und Regierungschefs der Türkei, Russlands, Deutschlands und Frankreichs erklärt, es solle noch in diesem Jahr seine Arbeit aufnehmen.

Der syrische Bürgerkrieg war im März 2011 mit Protesten gegen die Regierung von Präsident Baschar al-Assad ausgebrochen. Dessen Truppen gingen mit exzessiver Gewalt gegen die Demonstranten vor. In den vergangenen Monaten konnten die Regime-Armee und ihre Verbündeten strategisch wichtige Gebiete unter ihre Kontrolle bringen. Sie beherrschen nun wieder den größten Teil des Landes, darunter alle wichtigen Städte. Den Oppositionellen bleibt vor allem noch die Provinz Idlib im Nordwesten Syriens.

Alle diplomatischen Bemühungen um eine friedliche Lösung des Konflikts waren in den vergangenen Jahren gescheitert. Auch die Verhandlungen um den Verfassungsausschuss zogen sich in die Länge. Aus diplomatischen Kreisen hieß es, vor allem das Regime blockiere das Gremium. Syriens Regime hatte eine neue Verfassung als souveräne Angelegenheit des Landes bezeichnet. Fragen dazu würden von den Syrern ohne ausländische Einmischung entschieden.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow erhofft sich von dem künftigen syrischen Verfassungsausschuss Fortschritte für eine Beendigung des Bürgerkriegs. „Die Arbeit des Ausschusses sollte auf dem Gespür für den Kompromiss beruhen und auf einer konstruktiven Teilnahme, die auf Einigkeit der Teilnehmer abzielt", sagte Lawrow. Dann werde das Ergebnis des Ausschusses „auf breite Unterstützung des syrischen Volkes" stoßen, sagte er der Agentur Interfax zufolge. Lawrow nannte die Beratungen mit dem UN-Sondergesandten de Mistura und seinen Kollegen aus der Türkei und dem Iran „sehr positiv".

Als „äußerst produktiv und nützlich" bezeichnete auch der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu die Gespräche. Laut der Nachrichtenagentur Anadolu sagte er zur Besetzung des Ausschusses, dass das Regime und die Opposition Listen vorbereitet hätten. Was die Teilnehmer aus der Zivilgesellschaft angehe, „kann es natürlich verschiedene Meinungen geben". Man nähere sich „langsam, aber sicher dem Ende zu". Das Treffen zeige, wie wichtig der Astana- und Sotschi-Prozess für eine Politische Lösung in Syrien sei. Dieser habe bereits Früchte getragen und die Türkei werde weiterhin als wichtiger Akteur ihren Beitrag leisten.

Der Sprecher der syrischen Opposition, Jihja al-Aridi, sagte dem arabischen Sender Al-Hadath, der Ausschuss sei „ein russisches Produkt", könne aber ein Weg zu einer politischen Lösung sein. Russland ist neben dem Iran der wichtigste Verbündete des syrischen Regimes. Die Türkei wiederum unterstützt die Opposition.

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