Parlamentswahl in Israel begonnen

DAILY SABAH MIT DPA
ISTANBUL
Veröffentlicht 09.04.2019 11:47
Reuters

In Israel sind heute rund 6,3 Millionen Bürger zur Wahl eines neuen Parlaments aufgerufen.

In Umfragen hatte sich bis zuletzt Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (Likud) mit seinem Herausforderer Benny Gantz vom Bündnis der Mitte, Blau-Weiß, ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert. Blau-Weiß schnitt dabei zwar stärker ab, allerdings fehlte Gantz im Mitte-Links-Block eine Mehrheit zur Regierungsbildung.

Der wegen Korruptionsvorwürfen unter Druck stehende Netanjahu führt aktuell eine Regierungskoalition mit den rechten und strengreligiösen Parteien an. Die Wahlen waren wegen einer Regierungskrise vorgezogen worden. Ursprünglich waren sie erst für November angesetzt gewesen. Mit der Schließung der Wahllokale um 21.00 Uhr MESZ wird mit ersten Prognosen gerechnet.

Grundsätzlich teilen sich die Parteien in Israel in ein Mitte-Links-Lager und ein rechtes Lager auf. Für eine Regierungskoalition sind mindestens 61 der 120 Sitze im Parlament notwendig.

Theoretisch möglich ist aber auch eine Große Koalition von Likud und Blau-Weiß. Allerdings haben sowohl Netanjahu als auch Gantz gesagt, sie würden nicht mit dem jeweils anderen eine Regierung bilden. Ebenfalls möglich ist eine Minderheitsregierung. Gantz könnte sich dabei zum Beispiel von den arabischen Parteien tolerieren lassen.

Netanjahu steht wegen Korruptionsvorwürfen massiv unter Druck. Israels Generalstaatsanwalt will in drei Fällen wegen Korruption Anklage gegen Netanjahu erheben. Es geht um Bestechlichkeit, Untreue und Betrug. Vor einer endgültigen Entscheidung, ob der Regierungschef wirklich vor Gericht muss, hat aber noch eine Anhörung zu erfolgen. Netanjahu weist alle Vorwürfe zurück.

Der Wahlkampf wurde sehr emotional geführt. Inhalte der Parteien spielten kaum eine Rolle. Netanjahu hatte allerdings kurz vor der Wahl in einem Interview die Annektierung bereits israelisch besetzter Gebiete im Westjordanland in Aussicht gestellt. «Ich werde nicht eine einzige Siedlung räumen», sagte der 69-Jährige im Zuge eines deutlichen Rechtsrucks.

Gantz hat sich für eine Friedensregelung mit den Palästinensern ausgesprochen. Gleichzeitig ist er dafür, dass die großen Siedlungsblöcke im Westjordanland bei Israel bleiben. Von der israelischen Besatzung hat er sich distanziert.

Israel besetzte Ostjerusalem und das Westjordanland während des sechs Tage Krieges 1967.

Das internationale Völkerrecht betrachtet das Westjordanland und Ostjerusalem als „besetzte Gebiete", wobei alle jüdischen Siedlungen auf dem Land als illegal gelten.

In den besetzten Gebieten leben heute mehr als 600.000 israelische sogenannte Siedler in mehr als 200 Siedlungen. Vor allem der erzkonservative Erziehungsminister Naftali Bennett dringt darauf, weite Teile des Westjordanlandes zu annektieren. Die Palästinenser beanspruchen die Gebiete indes für einen eigenen Staat Palästina mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt.

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