EU: Leitlinien für Brexit-Gespräche werden beschlossen

DPA
BRÜSSEL
Veröffentlicht 29.04.2017 00:00
Aktualisiert 29.04.2017 10:38
REUTERS

Auf den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union bereiten sich die Staats- und Regierungschefs der übrigen 27 Mitgliedsländer heute in Brüssel vor.

Bei ihrem ersten formellen Gipfeltreffen in der 27er-Formation wollen sie Leitlinien für die anstehenden Brexit-Verhandlungen beschließen. Schon vor dem Sondergipfel zeichnete sich ein großes Einvernehmen der EU-Staaten ab, die sonst häufig divergierende Interessen verfolgen.

EU-Ratspräsident Donald Tusk rief die Gipfelteilnehmer in seiner Einladung nochmals auf, am vorgeschlagenen Zwei-Phasen-Prinzip für die Verhandlungen eisern festzuhalten: Erst müssten zentrale Fragen des Austritts ausreichend geklärt sein, bevor die EU mit Großbritannien über die künftige Zusammenarbeit verhandele.

Die Geschlossenheit der Europäer sei ein Signal für die anstehenden Verhandlungen, sagte der christdemokratische Fraktionschef im Europäischen Parlament, Manfred Weber (CSU), im SWR. Wie Weber wies dessen Parteifreund Markus Ferber auf die Kosten des Brexits für die Briten hin: «Wir müssen das Vereinigte Königreich institutionell aus der EU herauslösen, die Rechte von EU-Bürgern im Vereinigten Königreich und Briten in der EU absichern und sicherstellen, dass die Briten ihre finanziellen Verpflichtungen erfüllen», erklärte der Europaabgeordnete. Alle anderen Schritte würden länger dauern.

Der schottischstämmige Europaabgeordnete David McAllister bezeichnete den Brexit im Bayerischen Rundfunk als «geradezu historischen Fehler» und sagte: «Es wird keinen britischen EU-Austritt zum Nulltarif geben können.» Die fälligen britischen Beiträge etwa für länger laufende EU-Programme und weitere Kosten des Austritts werden in Brüssel auf bis zu 60 Milliarden Euro geschätzt.

Neben den Kosten gehören die künftigen Rechte der EU-Bürger in Großbritannien zu den Kernfragen der bevorstehenden Verhandlungen. Die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Europäischen Parlament, Ska Keller, rief die Regierungen der verbleibenden 27 Staaten dazu auf, vor allem dafür zu sorgen, dass die Rechte der Bürgerinnen und Bürger garantiert werden. In Großbritannien leben derzeit etwa 3,2 Millionen Bürger aus anderen EU-Ländern, darunter 100 000 Deutsche. «Sie müssen ihre erworbenen Rechte behalten und sollten weiterhin ein Aufenthaltsrecht in Großbritannien genießen», sagte der verfassungspolitische Sprecher der Europa-SPD, Jo Leinen.

Am Rande des Gipfeltreffens dürfte es auch um Grenzkontrollen zwischen Slowenien und Kroatien sowie das Verhältnis der EU zum Beitrittskandidaten Türkei gehen. Beim vorausgehenden Treffen von Spitzenpolitikern der christdemokratischen Parteienfamilie könnte Ungarn noch einmal eine Rolle spielen, nachdem der ungarische Regierungschef Viktor Orban mit seinem umstrittenen Hochschulgesetz seine Kollegen in der EVP verstimmt hatte.

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