Italien wirft EU Versagen in Flüchtlingspolitik vor

REUTERS
BERLIN, Deutschland
Veröffentlicht 14.08.2017 00:00
Aktualisiert 14.08.2017 15:37
DPA

EU-Flüchtlingskommissar Dimitris Avramopoulos und Italiens Außenminister Angelino Alfano haben eine bessere Koordinierung in der Flüchtlingskrise im Mittelmeer gefordert. Avramopoulos forderte von den Hilfsorganisationen, den von Italien vorgestellten Verhaltenskodex bei der Rettung von Migranten zu akzeptieren. "Je breiter die geeinte Front, desto leichter wird es sein, die Schleppernetzwerke zu zerschlagen", sagte er den Zeitungen der Funke-Gruppe. Alfano forderte, dass die anderen EU-Partner sein Land stärker unterstützen müssten. Das Umverteilungsprogramm für Flüchtlinge funktioniere nicht, sagte er der "Bild". Unterdessen geht auch die Diskussion über den Einsatz privater Hilfsorganisationen weiter.

"Es fehlt an einer gemeinsamen europäischen Migrationspolitik, die sich der Ankünfte aus Afrika annimmt", kritisierte Alfano weiter. Italien könne diese Last nicht allein tragen. "Genauso brauchen wir dringend mehr gemeinsame Anstrengungen, um in Libyen die Lage zu verändern, damit man den Menschenhandel bekämpfen und die Flüchtlingsströme steuern kann." Alfano rechnet nach eigenen Worten bis Ende des Jahres mit mehr als 200.000 Menschen, die über die Mittelmeerroute nach Europa kommen. "Und weitere Hunderttausende Menschen warten in Libyen auf die gefährliche Überfahrt, die häufig tödlich endet."

Strittig sind neben der Verteilung in der EU auch die Aktivitäten der Hilfsorganisationen, die neben den Marineschiffen der EU-Staaten und der EU-Grenzagentur Frontex Menschen aus dem Mittelmeer retten und nach Italien bringen. Die italienische Regierung und Bundesinnenminister Thomas de Maiziere werfen ihnen vor, damit indirekt Schlepper zu unterstützen, die Flüchtlinge und Migranten bewusst auf marode Boote setzten - in der Erwartung, dass sie gerettet werden. EU-Kommissar Avramopulos nahm die privaten Seenotretter in Schutz. "Die Mehrheit der Nichtregierungsorganisationen hilft uns bei unseren Bemühungen, Leben zu retten." In diesem Jahr hatten die privaten Schiffe mehr als ein Drittel aller Migranten aufgegriffen.

ORGANISATIONEN STOPPEN HILFSEINSÄTZE

Nach Ärzte ohne Grenzen hatten auch Save the Children und Sea Eye am Sonntag ihre Rettungseinsätze gestoppt. Hintergrund ist, dass Boote der libyschen Küstenwache am Rande der libyschen Küstengewässer wiederholt auf Schiffe der Hilfsorganisationen geschossen hatten. Ärzte ohne Grenzen warf der Regierung in Tripolis vor, auch legale Rettungsaktionen zu behindern. "Dass wir uns von bewaffneten Polizisten auf unseren eigenen Schiffen kontrollieren lassen müssen, verletzt ein Hauptprinzip der humanitären Hilfe - nämlich ohne Waffengewalt arbeiten zu können", sagte der Deutschlandchef der Organisation, Volker Westerbarkey, der "Welt". Seine Organisation lehne den Verhaltenskodex ab.

Die Bundesregierung erklärte, sie habe keine belastbaren Erkenntnisse über das Verhalten der libyschen Küstenwache, bemühe sich aber um Aufklärung. "Wir erwarten, dass die Küstenwache und die libysche Einheitsregierung sich an internationales Recht hält", sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Die Bundesregierung unterstütze aber den Verhaltenskodex der italienischen Regierung, den diese von den Hilfsorganisationen einfordert.

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