Türkei: NSU-Urteil „nicht zufriedenstellend“

DAILY SABAH MIT AFP
ISTANBUL
Veröffentlicht 12.07.2018 00:00
Aktualisiert 13.07.2018 14:52
EPA

Die türkische Regierung hat das Urteil im NSU-Prozess als „nicht zufriedenstellend" kritisiert. Das Außenministerium in Ankara erklärte am Mittwoch, die Türkei habe „zur Kenntnis genommen", dass die Hauptangeklagte Beate Zschäpe zu lebenslanger Haft und ihre Mitangeklagten ebenfalls zu langen Haftstrafen verurteilt worden seien.

Die Hintergründe und Verbindungen der NSU-Täter zu einem „Staat im Staate" und zum Geheimdienst seien nicht völlig aufgeklärt, die „wahren Schuldigen" seien nicht gefunden worden, kritisierte das Außenministerium. „Unter diesem Aspekt finden wir das Urteil nicht zufriedenstellend."

Die Türkei teile den „ungestillten Schmerz" der Angehörigen der Opfer, die besonders zu Beginn der Ermittlungen mit vielen Vorurteilen konfrontiert gewesen seien

Das Ministerium erinnerte zudem an das Versprechen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) von 2012, in allen Fällen von ungelösten rassistischen und ausländerfeindlichen Morden die Täter ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Dieses Versprechen sei wichtig gewesen, um das Vertrauen der türkischen Gemeinde in die deutschen Sicherheits- und Justizbehörden zu stärken. Die Türkei werde den Umgang mit dem NSU auch weiterhin „beobachten". Die rassistischen Angriffe von Hamburg 1985, Mölln 1992 sowie Solingen 1993 seien immer noch im Bewusstsein der Menschen präsent.

Um ähnliche rassistische Angriffe zu vermeiden sei ein „kompromissloser Kampf" gegen Fremdenfeindlichkeit notwendig. Hierbei hätten Politik und Medien eine Verantwortung zu tragen und dürften nicht in Populismus verfallen, sondern müssten mit Vernunft handeln.

Nach einem mehr als fünf Jahre dauernden Mammutprozess hatte das Oberlandesgericht München Zschäpe am Mittwoch als Mittäterin an den Morden und Gewalttaten des rechtsextremen NSU zur Höchststrafe verurteilt. Das Gericht verhängte gegen die 43-Jährige unter anderem wegen zehnfachen Mordes eine lebenslange Freiheitsstrafe und stellte zudem die besondere Schwere der Schuld fest. Vier als NSU-Helfer mitangeklagte Männer erhielten Haftstrafen zwischen zweieinhalb und zehn Jahren.

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