Der 16. April: Ein historischer Tag für die türkische Demokratie

Veröffentlicht 20.04.2017 00:00
Aktualisiert 20.04.2017 11:41

Der historische Tag des 16. April wird den zukünftigen Weg der Türkei ebnen, um die Kapazitäten zu erhöhen und um nationale sowie regionale Fragen zu bewältigen. Es wird dem Land helfen ihre demokratische Kultur zu stärken.

Am 16. April gingen Millionen türkischer Staatsbürger zu den Wahllokalen, um über eine Verfassungsreform abzustimmen, die unter anderem das parlamentarische System der Türkei mit einem Präsidialsystem ersetzen wird. Mit einer Beteiligung von 86 Prozent, eine Rekordzahl und ein Beweis der Stärke der türkischen Demokratie, haben 51,4 Prozent der Wähler die Verfassungsreform unterstützt. Dies öffnet ein neues Kapitel in der neuen politischen Geschichte der Türkei.

Es gibt mehrere Schlussfolgerungen aus dem Referendum-Ergebnis.

Zunächst einmal ist das Referendum vom 16. April ein Wendepunkt in der Geschichte der türkischen Demokratie. Zum ersten Mal entschieden die türkischen Bürger - und nicht die Putschisten - mit welchem System ihr Land regiert werden soll. 1960 stürzte die Militärjunta die demokratisch gewählte Regierung der Türkei, trennte die Beziehungen der Präsidentschaft mit ihrer Partei und führte ein zutiefst fehlerhaftes parlamentarisches System ein. Das führte zur Gründung von schwachen Koalitionsregierungen.

Diese institutionelle Vereinbarung führte dazu, dass die gewählten Staatsbeamten weniger Macht hatten als das militärische „Vormundschafts-Regime", das die Politik nach Belieben lenken oder stürzen konnte. Obwohl die Türkei unter der Führung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan seit 2002 eine politische Stabilität genießt, verschwand nie das Risiko, dass das Land irgendwann in der Zukunft von dysfunktionalen Koalitionsregierungen geführt wird. Durch die Unterstützung der Verfassungsreform am Sonntag stellte das türkische Volk die zukünftige Stabilität ihres Landes sicher.

Wenn das türkische Volk 2019 zu den Wahlurnen geht, werden Sie einen neuen Präsidenten und ein neues Parlament wählen, die beide direkte Verantwortung für die Menschen tragen werden. Der nächste Präsident, der den Vorsitz der Exekutive führen wird, muss die Unterstützung der Mehrheit der Wähler sichern, um ein Mandat zu erhalten. Das nächste Parlament wird umfassendere Macht gegenüber dem Präsidenten haben, wie etwa das Recht über die Verabschiedung von Gesetzen, die für die Exekutive verbindlich sein werden, und die Ermittlung und sogar die Anerkennung des amtierenden Präsidenten. Mit gegenseitiger Kontrolle und einem möglichen Balance-Akt, müssen sowohl der Präsident als auch das Parlament zusammen für eine Konsenspolitik hinarbeiten.

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Referendums war, dass die „Ja"-Kampagne in überwiegend kurdischen Teilen der Türkei mehr Unterstützung erhielt als ursprünglich erwartet. Inoffiziellen Ergebnissen zufolge unterstützten 50,8 Prozent der Wähler in Muş die Verfassungsreform, wo die Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei (AK-Partei) bei den Parlamentswahlen 2015 nur 24,5 Prozent erzielte. In Diyarbakır, Siirt, Van und Mardin konnte man eine ähnliche Veränderung beobachten. Unter anderem deutet dies auf die Ablehnung des PKK-Terrorismus und der Politik der „Demokratischen Partei der Völker" (HDP) hin, die versucht, den Terror dieser Organisation zu beschönigen. Die überwiegende Mehrheit der Kurden unterstützt die demokratischen Reformen, die Investitionen, die öffentliche Ordnung und den Kampf gegen die PKK. Durch die deutliche Begriffliche Trennung zwischen den Kurden und der PKK, die sich auch in der Politik widerspiegelte, haben Präsident Erdoğan und die Regierung das Vertrauen der Kurden wieder gewinnen können.

Außerdem verloren die westlichen Medien und ein Teil der europäischen Regierungen in der Türkei an Glaubwürdigkeit. Was einige europäische Regierungen während der Referendum-Kampagne taten, verursachte einen Aufruhr in der Türkei und stellte die Zukunft unserer Beziehungen zur EU in Frage. Um deutlicher zu werden: Die europäischen Staats- und Regierungschefs unterstützten nicht nur die „Nein"-Kampagne und mischten sich damit im Referendum ein, sie verstießen auch gegen diplomatische Konventionen, indem sie Anhänger der Verfassungsreform, einschließlich die türkischen Minister, daran hinderten, die Millionen von türkischen Wählern im Ausland zu informieren.

Ein weiterer Gesichtspunkt bezüglich der Doppelmoral: Die Europäische Union unterstützte die Bemühungen Italiens, um die politische Stabilität wiederherzustellen. Daher fragten sich die türkischen Bürgen, warum die Europäer sich so vehement gegen ähnliche Reformen in der Türkei aussprachen. Die internationalen Medien zeigten deutlich, dass sie die Türkei nicht verstehen und schlugen mit ihren Vorhersagen bezüglich des Referendum-Ergebnisses fehl. Anstatt die Verfassungsreform sorgfältig zu studieren, zogen viele Reporter und Kommentatoren voreilige Schlüsse und betrachteten die Kampagne als eine weitere Gelegenheit, um den türkischen Präsidenten zu diskreditieren. Für viele türkische Leser kamen die Artikel und Meinungen, die in den westlichen Zeitungen veröffentlicht wurden, wie Wahlkampf-Materialen des „Nein"-Lagers vor. Letztendlich versagten die internationalen Medien, über die genauen Fakten zu berichten und präsentierte dem internationalen Publikum ein voreingenommenes Bild. Lassen Sie uns hoffen, dass sie für sich selbst begreifen, dass dies politischer Aktivismus war, der sich die journalistische Maske aufsetzte und damit dem Beruf einen „Bärendienst" leistete.

Die OSZE und die PACE-Beobachter-Kommissionen scheinen unter demselben Problem zu leiden. Am Montag veröffentlichte die Mission ihren vorläufigen Bericht, dass die „technischen Aspekte des Referendums gut verarbeitet wurden", während sie behaupteten, dass die Kampagnen auf einem unvergleichbaren „Spielfeld" stattgefunden habe. Mittlerweile stellte sich heraus, dass einige der Mitglieder offen die PKK unterstützen, die die Türkei und die Europäische Union als terroristische Organisation betrachten. Dies taten sie zum Teil auf den Sozialen Medien, was Fragen über ihre Unparteilichkeit aufwirft.

Es ist wichtig, daran zu erinnern, dass die Unterstützung für das Präsidialsystem in den letzten Monaten von knapp 30 Prozent auf mehr als 50 Prozent anstieg, rund 25 Millionen Menschen stimmten dafür. Es gibt keinen Zweifel daran, dass mehr Menschen das neue System unterstützen werden, wenn sie sehen, wie nützlich es für die Türkei ist und die Zukunft sichern kann. Neben der Änderung der Gesetze, um den Übergang zum Präsidialsystem zu erleichtern, wird die Türkei, dank der historischen Stimmabgabe, auch weiterhin die nationalen und regionalen Konflikte fähiger angehen können als zuvor.

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