Parlamentswahl im Irak: Niedrige Wahlbeteiligung

AFP
BAGDAD
Veröffentlicht 13.05.2018 00:00
Aktualisiert 13.05.2018 13:55
AP

Aus Enttäuschung über die politische Elite sind bei der Parlamentswahl im Irak mehr als die Hälfte der stimmberechtigten Bürger den Wahlurnen ferngeblieben. Die Wahlbeteiligung betrug 44,52 Prozent, wie die Wahlkommission am Samstagabend mitteilte. Fünf Monate nach dem militärischen Sieg über die Terrororganisation Daesh verlief die Stimmabgabe ohne größere Zwischenfälle. Mit ersten Ergebnissen wird am Dienstag gerechnet.

Die Wahlbeteiligung war so niedrig wie noch nie seit dem Sturz von Machthaber Saddam Hussein im Jahr 2003. 2005 hatte sie 79 Prozent betragen, 2010 waren es 62,4 Prozent gewesen und 2014 zumindest 60 Prozent.

In diesem Jahr waren 24,5 Millionen registrierte Wähler aufgerufen, die 329 Mitglieder des Parlaments in Bagdad neu zu bestimmen. Dafür bewarben sich knapp 7000 Kandidaten, etwa 2000 von ihnen waren Frauen. Insgesamt traten 87 Parteilisten bei der Wahl an.

Doch vor allem viele junge Iraker boykottierten die Wahl. Sie erklärten, wenig Hoffnung auf eine Verbesserung ihrer Lebensbedingungen zu haben. Während die Wahllokale in der Hauptstadt Bagdad nur spärlich besucht wurden, schien das Interesse in anderen Landesteilen größer.

In der ehemaligen Daesh-Hochburg Mossul, die nach den monatelangen Kämpfen gegen Daesh teilweise noch in Trümmern liegt, bildeten sich Schlangen vor den Wahllokalen. "Ich wähle für Sicherheit und eine Stabilisierung der Wirtschaft und für eine bessere Zukunft", sagte der 26-jährige Arbeiter Ali Fahmi. Daesh hatte 2014 ein "Kalifat" im Irak und Syrien ausgerufen. Auch nach der Vertreibung der Daesh sind noch mehr als zwei Millionen Iraker Binnenflüchtlinge.

Zahlreiche Wähler forderten ein Ende der weit verbreiteten Korruption im Land. Viele monierten, dass seit Jahren immer dieselben Politiker bei den Wahlen antreten. Ein neues elektronisches Wahlsystem bereitete zudem vielen Wählern Probleme.

Ein klarer Favorit war nicht abzusehen. Die den Irak dominierenden Schiiten sind gespalten, die Kurden geschwächt und die traditionellen Parteien der Sunniten weitgehend an den Rand gedrängt.

Viele Iraker machen Ministerpräsident Haider al-Abadi für die weit verbreitete Korruption im Land verantwortlich. Er hofft auf eine weitere Amtszeit, da es unter ihm gelungen ist, die Terroristen zurückzudrängen und eine Abspaltung der Kurden zu verhindern. Er präsentiert sich als Verfechter einer Politik des Ausgleichs zwischen Schiiten und Sunniten sowie zwischen Teheran und Washington. "Irak ist stark und geeint nach dem Sieg über den Terror", sagte er nach der Stimmabgabe.

Die "Siegesallianz" al-Abadis wird herausgefordert von den beiden ebenfalls schiitischen Blöcken von Ex-Regierungschef Nuri al-Maliki und dem Milizenführer Hadi al-Ameri. Obwohl viele Iraker al-Maliki für die verheerende Niederlage der irakischen Armee gegen Daesh im Sommer 2014 verantwortlich machen, hat er weiter einen gewissen Rückhalt.

Al-Ameri gilt vielen Irakern wegen seiner Rolle im Kampf gegen die Terroristen als Kriegsheld. Der frühere Verkehrsminister, der eng mit den iranischen Revolutionsgarden verbunden ist, fordert den kompletten Abzug der US-Soldaten und wendet sich gegen al-Abadis vorsichtige Außenpolitik, die die enge Bindung zum Iran durch eine Annäherung an dessen Rivalen Saudi-Arabien auszugleichen versucht.

Deutliche Verluste dürften die Parteien der Kurden erleiden. Sie sind geschwächt, nachdem ein kontroverses Referendum über die Unabhängigkeit der kurdischen Autonomieregion im September dazu geführt hat, dass die Zentralregierung den Kurden einen Teil ihrer Gebiete abgenommen hat.

Wer auch immer neuer Ministerpräsident wird, steht vor der Mammutaufgabe, das Land wieder aufzubauen. Internationale Geber haben bereits 25 Milliarden Euro zugesagt.

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