Alt-Bundespräsident Walter Scheel mit 97 Jahren gestorben

AFP
BERLIN
Veröffentlicht 24.08.2016 00:00
Aktualisiert 24.08.2016 17:32
DPA

Der frühere Bundespräsident und FDP-Vorsitzende Walter Scheel ist am Mittwoch im Alter von 97 Jahren gestorben. Scheel gehörte auch während seiner Amtszeit als Außenminister zu den prägenden deutschen Politikern der 70er Jahre. Zuletzt lebte Scheel in einem Pflegeheim im baden-württembergischen Bad Krozingen.

Der Liberale gilt als ein Wegbereiter der sozialliberalen Koalition mit der SPD sowie als Verfechter einer Ostpolitik, die inmitten des Kalten Krieges auf eine Annäherung an die Länder des Ostblocks setzte. In seine Amtszeit als Bundesaußenminister fiel die Unterzeichnung der Ost-Verträge mit Russland, Polen und der Tschechoslowakei, sowie des deutsch-deutschen Grundlagenvertrages 1972. Von 1968 bis 1974 war Scheel Vorsitzender der FDP.

"Mit ihm verlieren wir einen hoch geschätzten Bundespräsidenten und einen Politiker, der die Geschicke unseres Landes viele Jahre in besonderer Weise mitgestaltet hat", erklärte Amtsinhaber Joachim Gauck am Mittwoch. "Die Freien Demokraten trauern um einen großen Liberalen", sagte der FDP-Vorsitzende Christian Lindner. "Walter Scheel hat als Parteivorsitzender, als erster Entwicklungsminister, als Außenminister und Vizekanzler sowie als Bundespräsident Spuren hinterlassen."

Scheel wurde am 8. Juli 1919 als Sohn eines Stellmachers in Solingen geboren. Nach dem Abitur im Jahr 1938 absolvierte er eine Banklehre. Bei Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde Scheel in die Wehrmacht eingezogen. Bis Kriegsende war er unter anderem in Frankreich und Russland im Einsatz, zuletzt als Oberleutnant der Luftwaffe. Im Krieg wurde er mit dem Eisernen Kreuz I. und II. Klasse ausgezeichnet.

Nach dem Krieg begann Scheel im Jahr 1946 seine politische Karriere bei der FDP, zunächst als Stadtverordneter in Solingen, später als Abgeordneter im Landtag von Nordrhein-Westfalen. 1953 zog Scheel erstmals als Abgeordneter in den Bundestag ein, dem er bis 1974 angehörte. Der FDP-Politiker war von 1961 bis 1966 Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, bevor er 1969 Außenminister der damaligen sozialliberalen Koalition wurde.

Von 1974 bis 1979 war Scheel der vierte Bundespräsident der Bundesrepublik. Nach Theodor Heuss hatte Scheel als zweiter Vertreter der FDP das höchste Amt im Staate inne. Von einer Kandidatur für eine weitere Amtszeit sah der Liberale 1979 ab, da sich keine Mehrheit für ihn abzeichnete.

Scheel habe in seinen öffentlichen Ämtern Großes geleistet, würdigte Gauck in einem Kondolenzschreiben an die Witwe Barbara Scheel die Verdienste seines Vorgängers. "Die Einigung Europas voranzutreiben, lag ihm besonders am Herzen." Mit seiner Ost- und Europapolitik habe er sich "bleibende Verdienste für die Verständigung und Versöhnung auf unserem Kontinent erworben".

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) ehrte Scheel als "eine große Figur der Politik der ersten Jahrzehnte der jungen Bundesrepublik Deutschland". Der FDP-Politiker habe das Land "in schwierigen Zeiten, mit einem Eisernen Vorhang mitten durch das geteilte Deutschland, ganz maßgeblich geprägt, als Außenminister und als Bundespräsident".

Scheel sei immer "offen, interessiert, ehrlich" auf Menschen zugegangen, erinnerte sich Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU). "Walter Scheel war ein Menschenfreund, ein glänzender Redner, weltgewandt, optimistisch, humorvoll und volksnah."

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