Scharfe Kritk wegen Gaulands Relativierung der NS-Zeit

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SEEBACH
Veröffentlicht 03.06.2018 00:00
Aktualisiert 04.06.2018 09:40
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Der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland hat mit seiner Relativierung der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland eine Welle der Empörung ausgelöst.

Der SPD-Vizevorsitzende Ralf Stegner bezeichnete ihn auf Twitter als einen «Hetzer der übelsten Sorte» und schrieb: «Solche Typen gehören nicht ins Parlament. Aufstehen! Rauswählen!» Das Internationale Auschwitz Komitee erklärte: «Für Auschwitz-Überlebende wirken die kühl kalkulierten und hetzerischen Äußerungen Gaulands nur noch widerlich.»

Der Partei- und Fraktionsvorsitzende der AfD im Bundestag hatte am Samstag beim Bundeskongress der AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternative im thüringischen Seebach gesagt: «Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte.» Dieser mit Beifall quittierte Satz fiel nach einem Bekenntnis Gaulands zur Verantwortung der Deutschen für den Nationalsozialismus von 1933 bis 1945. «Ja, wir bekennen uns zur Verantwortung für die zwölf Jahre», sagte Gauland. Er machte aber auch deutlich, dass das nur ein Teil der deutschen Geschichte sei: «Wir haben eine ruhmreiche Geschichte - und die, liebe Freunde, dauerte länger als die verdammten zwölf Jahre.»

CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer schrieb auf Twitter: «50 Mio. Kriegsopfer, Holocaust und totaler Krieg für AfD und Gauland nur ein «Vogelschiss»! So sieht die Partei hinter bürgerlicher Maske aus.»

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil twitterte: «Das ist eine erschreckende Verharmlosung des Nationalsozialismus. Es ist eine Schande, dass solche Typen im Deutschen Bundestag sitzen.»

Sätze wie dieser seien «keine Ausrutscher, sondern System», erklärte der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck. Die AfD schreibe die Geschichte um. «Die Kurve der AfD von eurokritisch über ausländerfeindlich zu völkisch ist steil und abschüssig.» Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, twitterte: «Gauland unterschreitet wieder jedes Niveau.»

Der erste Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Jan Korte, nannte Gaulands Äußerungen «zynisch und geschichtsvergessen». «In diesen zwölf Jahren war Deutschland für den Tod von mehr Menschen verantwortlich als in allen Epochen zuvor. Spätestens jetzt weiß jeder, woran er bei dieser Partei ist», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. «Wer die Untaten der alten Nazis verharmlost, ist der Steigbügelhalter der neuen Nazis», schrieb der frühere SPD-Vorsitzende Martin Schulz.

Thüringens Partei- und Fraktionschef Björn Höcke, der auch Gast des Bundeskongresses der Jungen Alternative war, hatte im vergangenen Jahr mit der Forderung nach einer «erinnerungspolitischen Wende um 180 Grad» für heftige Debatten gesorgt. Ein Parteiausschlussverfahren gegen Höcke, das noch der alte Bundesvorstand unter der damaligen AfD-Vorsitzenden Frauke Petry eingeleitet hatte, hat das Thüringer Parteischiedsgericht inzwischen beendet. Es lehnte einen Parteiausschluss Höckes ab.

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